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Wissenswerte Informationen rund um das Thema juristische Fachübersetzungen

Maschinelle Übersetzungen – Mensch oder künstliche Intelligenz?

Maschinelle Übersetzungen wie z.B. mittels DeepL generierte Übersetzungen sind auf dem Vormarsch und liefern mittlerweile auf Grund des neuronalen Ansatzes insbesondere für allgemeinsprachliche Texte brauchbare Ergebnisse. Berechtigte Zweifel bestehen jedoch hinsichtlich der Frage, ob die „Maschine“ auch für die Übersetzung sensibler Fachtexte wie etwa rechtsverbindlicher Verträge, AGB, Gutachten, anwaltlicher Stellungnahmen, Satzungen o.ä. geeignet oder gar empfehlenswert ist. Insoweit bestehen sowohl in qualitativer als auch in haftungsrechtlicher Hinsicht erhebliche Bedenken. Letztlich muss der Kunde zwar selbst entscheiden, ob ihm menschliche Fachkompetenz und Kontextverständnis, Rechtssicherheit und haftungsrechtliche Sicherheit die zeitaufwändigere und kostenintensivere Humanübersetzung wert sind. Um diese Entscheidung jedoch etwas einfacher zu gestalten, möchten wir im Folgenden diejenigen Aspekte, die Anlass zu berechtigen Zweifel an der Eignung maschineller Übersetzungen für juristische Fachtexte geben, nachvollziehbar und an Hand konkreter Beispiele erläutern.

Fest steht in Bezug auf den haftungsrechtlichen Aspekt, dass bei maschinellen Übersetzungen die Haftung für fehlerhafte Übersetzungen ausgeschlossen ist. So heißt es etwa in Ziffer 3.2.2 der DeepL Pro Allgemeinen Geschäftsbedingungen:

„ (…) DeepL kann jedoch die Richtigkeit oder Genauigkeit der API-Antworten oder der Verarbeiteten Inhalte weder sicherstellen noch garantieren. Insbesondere übernimmt DeepL keine Garantie für die Richtigkeit der vom maschinellen Übersetzungssystem erstellten Übersetzungen." [Hervorhebung diesseits]

und in der DeepL Pro Leistungsbeschreibung unter Ziffer 2 („DeepL Pro Translator“):

„Der DeepL Pro Translator ermöglicht es dem Kunden, ganze Dokumente zu übersetzen. Die Fähigkeit, Dokumente zu übersetzen, hängt von der Fähigkeit von DeepL Pro ab, die Dokumente korrekt zu lesen und zu übersetzen, was nicht garantiert werden kann.“ [Hervorhebung diesseits]

Dass ein solcher Haftungsausschluss enorme Risiken mit sich bringt, versteht sich von selbst. Man denke nur an die erheblichen finanziellen Risiken, die mit der Übersetzung von Verträgen mit hohen Vertrags- und Haftungssummen oder mit der Verwendung von fremdsprachigen AGB, die einer Vielzahl von Transaktionen zu Grunde gelegt werden, verbunden sind.

Zum anderen ist in qualitativer Hinsicht insbesondere zu berücksichtigen, dass maschinelle Übersetzungen auf einer „Satz-für-Satz“-Übersetzung basieren. Konkret bedeutet das, dass die Texte ohne Kontext-Verständnis, insbesondere ohne juristisches Verständnis der Zusammenhänge, der Bezüge zwischen den einzelnen Sätzen und Textpassagen und ohne fachlich stringente Handhabung der Terminologie übersetzt werden. Somit bergen die „machine translations“ nach wie vor erhebliches Fehlerpotential, das insbesondere bei fachspezifischen Texten wie verbindlichen Rechtstexten mit erheblichen Risiken verbunden ist.

Die nach wie vor fehlende Perfektion der maschinellen „Kollegen“ basiert insbesondere auf den folgenden Aspekten:

„Wir benutzen es doch immer wieder gerne – es ist unser Freund!“

Sehr gut nachvollziehbar und veranschaulicht wird dieser Aspekt an den untenstehenden Übersetzungsbeispielen zu den Konstellationen des § 890 ZPO einerseits und § 888 ZPO andererseits, die wir im Detail geprüft und kommentiert haben.

Fehlender Fachverstand:

Niemand wird bestreiten wollen, dass für eine rechtssichere Übersetzung komplexer rechtlicher Fachtexte fundiertes juristisches Fachwissen unerlässlich ist. Richtig ist, dass die neuronalen maschinellen Übersetzungen mittlerweile gegenüber den anfänglichen statischen maschinellen Übersetzungen deutlich bessere Ergebnisse liefern, weil sie auf enorm große Datenmengen zurückgreifen und – sofern der Maschine ein Fehler signalisiert wird – sie diesen Fehler zu beseitigen in der Lage ist. Man bezeichnet diese Fähigkeit auch als maschinelles „Lernen“ – das sog. Deep Learning. Mag die Maschine aber auch noch so viele Informationen sammeln, so fehlt ihr immer noch der Verstand, der – richtig eingesetzt – doch immer noch recht hilfreich sein kann.

Fehlendes „Mitdenken“ und Verständnis der Ausgangstexte:

Abgesehen vom fehlenden Fachverstand der Maschinen wissen wir aus 25-jähriger Übersetzungserfahrung mit juristischen Texten auch, dass die zu übersetzenden Ausgangstexte hin und wieder schlecht oder schlampig oder sogar unrichtig oder unverständlich formuliert sind. Natürlich wissen wir als doppelt qualifizierte lawyer-linguists in der Regel trotzdem, was gemeint ist oder gemeint sein soll und können – natürlich mit einem entsprechenden Hinweis oder Kommentar an den Auftraggeber – eine fach- und sachgerechte Übersetzung vornehmen oder zumindest den Auftraggeber auf die Unklarheit hinweisen und diese aufklären. So verhindern wir falsche Formulierungen oder Doppeldeutigkeiten. Die Maschine hingegen „versteht“ den Ausgangstext nicht und greift nicht auf Grund ihres Fach- und Sachverstands regulierend oder kritisch hinterfragend ein. Sie übersetzt lediglich undifferenziert das, was im Ausgangstext steht – unabhängig davon, ob das Ergebnis richtig, schlüssig oder verständlich ist.

Fehlendes Kontextverständnis:

Das Verstehen komplexer Zusammenhänge und das Assoziieren mit vorangegangenen Textinhalten ist ein selbstverständlicher und logischer Schritt in der Humanübersetzung. Nicht so bei der maschinellen Übersetzung. Maschinelle Übersetzungen basieren auf dem „Satz-für-Satz“-Prinzip. Die Maschine versteht den Gesamtzusammenhang eines Textes nicht und ist somit nicht in der Lage, den Kontext insgesamt zu erfassen, Zusammenhänge herzustellen und auf dieser Grundlage eine kohärente, schlüssige, verständliche und stringente Übersetzung zu produzieren. Die Maschine übersetzt stattdessen Satz für Satz und erkennt die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Komponenten eines Textes nicht. Das kann zu Verständnisproblemen, Sinnverlust, Mehrdeutigkeit und inkorrekten Übersetzungen führen sowie zu weiteren in maschinellen Übersetzungen gehäuft auftretenden Fehlern, wie nachstehend beschrieben.

Uneinheitliche Terminologie / inconsistent terminology:

Das Satz-für-Satz-Prinzip führt oft dazu, dass in mehreren aufeinanderfolgenden Sätzen bzw. an verschiedenen Stellen im gesamten Text für ein- und denselben Begriff des Ausgangstextes im Zieltext mehrere verschiedene fremdsprachige Begriffe verwendet werden. Dies mag bei allgemeinsprachlichen Texten akzeptabel oder z.B. bei Marketing- oder Werbetexten der Abwechslung wegen sogar gewünscht sein. Gerade bei verbindlichen juristischen Texten ist es nicht lege artis – ganz im Gegenteil: Einheitliche Terminologie oder „consistent terminology“ ist unerlässlich und eine unabdingbare Basisanforderung der rechtssicheren juristischen Formulierung. Die maschinellen Übersetzungen berücksichtigen jedoch zum einen weder spezielle vom Kunden vorgegebene interne Terminologie-Datenbanken noch arbeiten sie mit eigens für Stammkunden erstellten Terminologie-Datenbanken, wie es bei Humanübersetzungen üblich ist.

Zum anderen mangelt es den MÜ insoweit an Perfektion, als sie z.B. bei der Einbindung von Zitaten aus Urteilen oder Gesetzestexten regelmäßig nicht die entsprechenden originären fremdsprachigen Fassungen der jeweiligen Quellen (wie z.B. EuGH-Urteile oder Datenschutzgrundverordnung ö.ä.) übernehmen.

Falsche Bezüge / Stilistisch uneinheitliche Praxis:

Auf Grund des fehlenden Gesamtverständnisses kann die Maschine beispielweise auch Bezüge in Form von Personal- oder Possessivpronomen nicht immer richtig einordnen und folglich nicht richtig übersetzen. So kann und darf beispielsweise im Fall einer klagenden juristischen Person wie z.B. einer GmbH ein sich auf die Ansprüche der „GmbH“ beziehendes Possessivpronomen (z.B. „ihre Ansprüche“) selbstverständlich nicht mit „her (claims)“ übersetzt werden, da sich „her“ ausschließlich auf eine natürliche weibliche Person beziehen würde. Es muss hier im Englischen heißen „its claims“, d.h. the company’s claims. Wenn also in den vorstehenden Textsegmenten von einer Gesellschaft wie z.B. einer GmbH oder AG die Rede ist und in einem nachfolgenden Satz von „ihren Ansprüchen“, wählt der „menschliche“ Übersetzer automatisch das richtige Possessivpronomen „its“ anstatt „her“. Genau diese „mitdenkende“ Transferleistung erbringt die Maschine allein jedoch nicht. Auch zeigt die Praxis der maschinellen Übersetzung, dass beispielsweise bei Aufzählungen oft keine stringente Handhabung erfolgt. Zur Auswahl steht hierbei regelmäßig die Aufzählung in Form von reinen Schlagwörtern oder in Form von jeweils grammatikalisch vollständigen Sätzen. Während sich der Humanübersetzer aus stilistischen Gründen und weil er die vorangegangenen Segmente „im Kopf“ hat, immer für eine Variante entscheiden und diese stringent beibehalten wird, „springt“ die Maschine oft willkürlich zwischen den unterschiedlichen Optionen hin und her. Alle vorstehenden Punkte können erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge haben und bei zwischen den Parteien entstehenden Rechtsstreitigkeiten zu schwerwiegenden Problemen bei der Argumentation und Beweisführung und ggf. zum Unterliegen in einem Rechtsstreit führen – mit allen nachteiligen Folgen wie beispielsweise einer Verurteilung zur Zahlung und Kostentragung etc. Die gesamte oben geschilderte Problematik soll nachfolgend am Beispiel der zivilrechtlichen Ordnungs- bzw. Zwangsmittel im Sinne der §§ 888, 890 ZPO veranschaulicht und erläutert werden. Hierzu einige Übersetzungsbeispiele:

Beispiel 1:

Obige Übersetzung wurde am 07.09.2021 mittels DeepL Pro generiert.

Sie ist in mehrfacher Hinsicht unzulänglich bzw. fehlerhaft.

Vorab kurz zum Verständnis:

Der rechtliche Hintergrund der deutschen Passage ist wie folgt:

Bei dem obigen Satz handelt es sich um eine typische und geläufige Formulierung etwa in einstweiligen Verfügungsverfahren oder Unterlassungsklagen, in denen der Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln für den Fall der Nichtbefolgung der gerichtlichen Anordnung verpflichtet wird, eine bestimmte Handlung zu unterlassen oder – in anders gelagerten Fällen – die Vornahme einer Handlung zu dulden.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Wurde der Beklagte etwa von einem Gericht auf Antrag eines klagenden Wettbewerbers zur Unterlassung einer bestimmten Werbeaussage in einem Werbespot verurteilt, verwendet er die Werbeaussage aber trotz und auch nach der Verurteilung weiter, kann er wegen dieses Verstoßes gemäß § 890 ZPO mit einem Ordnungsmittel, d.h. mit Ordnungsgeld (ersatzweise für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, mit Ordnungshaft) oder (sofort) mit Ordnungshaft belegt werden. Mit dem Ordnungsmittel soll ein in der Vergangenheit (nach der Verurteilung) liegender Verstoß gegen eine bereits bestehende Unterlassungsverpflichtung (oder Duldungsverpflichtung) sanktioniert bzw. „bestraft“ werden. Die Maßnahme hat also sanktionierend repressiven Strafcharakter. Selbstverständlich soll sie den Schuldner auch dazu bewegen, die bereits vom Gericht ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung künftig zu befolgen, sie soll also insoweit auch den Willen des Schuldners beugen. Die Wahl zwischen Ordnungsgeld und Ordnungshaft liegt allein im Ermessen des Gerichts.

Da die Ordnungsmittel Sanktions- bzw. Bestrafungscharakter besitzen, setzen sie ein Verschulden voraus. Zudem muss der Verurteilung zu einem Ordnungsgeld (bzw. ersatzweise Ordnungshaft) oder einer Ordnungshaft gemäß § 890 Abs. 2 ZPO eine Androhung vorausgehen. Diese wird regelmäßig (auf Antrag) schon in den Unterlassungs- oder Duldungstitel aufgenommen. So auch im obigen Beispieltext: „bei Vermeidung eines (…) Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, (…) oder Ordnungshaft (…)“

Je nach Kontext oder Sinn und Zweck des zu übersetzenden Ausgangstextes kann auch die Abgrenzung der Ordnungsmittel gemäß § 890 ZPO von den Zwangsmitteln (Zwangsgeld, Ersatzzwangshaft und Zwangshaft) gemäß § 888 ZPO relevant sein. Im Gegensatz zu den Ordnungsmitteln sollen Zwangsmittel den Schuldner nicht für einen in der Vergangenheit liegenden Verstoß gegen eine gerichtlich ausgesprochene Verpflichtung bestrafen, sondern ihn dazu „anhalten“, eine künftige nicht vertretbare Handlung, d.h. eine Handlung, die nur der Schuldner und kein Dritter erbringen kann, vorzunehmen. Zwangsmittel haben somit keinen Sanktions- oder Bestrafungscharakter, sondern dienen ausschließlich der Beugung des Willens des Schuldners bzw. der Erzwingung einer künftigen Handlung des Schuldners. Sie setzen demnach auch kein Verschulden des Schuldners voraus. Anders als Ordnungsmittel müssen Zwangsmittel auch nicht angedroht werden. Ein typischer Anwendungsfall ist etwa eine bestehende Verpflichtung des Schuldners zur Erteilung einer geschuldeten Auskunft. Einen Beispieltext zur Verhängung eines Zwangsmittels finden Sie im untenstehenden Beispiel 3.

Die Übersetzung derartiger Texte erfordert also durchaus fundiertes juristisches Fachwissen und birgt ihre Tücken.

Wie die in diesem Zusammenhang relevanten Begriffe am besten zu übersetzen sind, hängt nicht zuletzt von dem Sinn und Zweck des zu übersetzenden Textes ab. Handelt es sich beispielsweise um die bloße Übersetzung der gerichtlichen Anordnung, aus der der Unterschied zwischen Zwangsmittel und Ordnungsmittel nicht zwingend hervorgehen muss, weil er für das Textverständnis und den konkreten Einzelfall nicht relevant ist, können ggf. andere Begriffe verwendet werden als in einem Text, dessen Zweck gerade darin besteht, die Unterschiede und Abgrenzung zwischen Ordnungsmitteln einerseits und Zwangsmitteln andererseits zu erläutern. Genau diese Kontext-abhängige Entscheidung  kann nur ein menschlicher Übersetzer treffen, die Maschine hingegen nicht.

 

Zu den einzelnen Punkten und Unzulänglichkeiten in der von der Maschine im obigen Beispiel 1 angebotenen Übersetzung:

  • Textverständnis/ Juristisches Verständnis

Die deutsche Formulierung besagt Folgendes:

Im Fall eines Verstoßes des Schuldners gegen die Unterlassungsverpflichtung kann das Gericht dem Schuldner (in der 1. Alternative) entweder ein (sanktionierendes) Ordnungsgeld auferlegen und – wenn dieses nicht beigetrieben werden kann – gegen ihn ersatzweise (sanktionierende) Ordnungshaft verhängen. Dies ist der Regelfall. Das Gericht kann aber gegen den Schuldner (in der 2. Alternative) auch sofort – ohne den Umweg über das Ordnungsgeld – eine Ordnungshaft verhängen. Die Wahl des Ordnungsmittels (also Ordnungsgeld oder Ordnungshaft) liegt im Ermessen des Gerichts. Dieses Hintergrundwissen ist für eine korrekte Übersetzung dieser Passage unerlässlich, da sich die rechtlichen Zusammenhänge aus der bloßen deutschen Formulierung nicht eindeutig ergeben.

Die hier von der Maschine angebotene Übersetzung „subject to a fine of up to (…) in lieu of which the defendant is ordered to serve imprisonment of up to six months or imprisonment of up to six months” ist unverständlich und inhaltlich inkorrekt.

Zum einen wird dem Schuldner in der 1. Alternative nicht – wie die Übersetzung glauben machen will – „ohne Weiteres“ anstelle des Ordnungsgeldes die Ordnungshaft auferlegt, sondern dies erfolgt „ersatzweise“, d.h. für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht gezahlt wird bzw. nicht beitreibbar ist; allerdings kann das Gericht gemäß der 2. Alternative gegen den Schuldner nach seinem Ermessen auch sofort Ordnungshaft verhängen.

Eine korrekte und verständliche Übersetzung könnte und sollte also etwa lauten: „The defendant is ordered under pain of either punitive fine, which – in case it cannot be collected – may be substituted by punitive detention of up to six months, or immediate punitive detention of up to six months, to refrain from using and disclosing …“

  • Terminologie

Die Maschine übersetzt zudem die Begriffe „Ordnungsgeld“ bzw. „Ordnungshaft“ ganz lapidar mit „fine“ bzw. „imprisonment“. Das mag in Fällen, in denen es nicht auf die Abgrenzung zu Zwangsmitteln geht, unter Umständen gerade ausreichend sein, um dem Schuldner zu vermitteln, dass ihn im Fall der Nichtbefolgung der Unterlassungsverpflichtung etwas „Unangenehmes“ in Form einer Geldstrafe oder Inhaftierung erwartet. Den hinter dem deutschen Rechtsbegriff stehenden Sinngehalt geben die Übersetzungen jedoch nicht vollständig wieder. Angesichts des Sanktions- bzw. Strafcharakters der Ordnungsmittel wäre hier – wie bereits oben dargestellt – eine Übersetzung von „Ordnungsgeld“ etwa mit dem Begriff „punitive fine“ und von „Ordnungshaft“ etwa mit „punitive detention“ angemessen.

  • Satzbau:

Abgesehen von den zweifellos relevanteren inhaltlichen und terminologischen Unzulänglichkeiten kommt es bei der maschinellen Übersetzung zudem oftmals zu technischen Pannen: Aus unerfindlichen Gründen wurde in unserem Beispiel 1 der erste Satz des zur Übersetzung eingegebenen Textes von der Maschine doppelt übersetzt; dies beeinträchtigt zwar die Verständlichkeit nicht erheblich, belegt aber einmal mehr, dass die Übersetzung in dieser Form unbrauchbar ist und keinesfalls ungeprüft und unverändert übernommen werden kann.

Beispiel 2:

Obige Übersetzung wurde am 15.09.2021 mittels DeepL Pro generiert.

Sie ist in mehrfacher Hinsicht unzulänglich bzw. fehlerhaft.

  • Textverständnis / Terminologie:

Da die Maschine den oben erläuterten Unterschied und die entsprechende Abgrenzung zwischen Ordnungsmittel und Zwangsmitteln in Ermangelung einer juristischen „Ausbildung“ nicht versteht, ist das Übersetzungsergebnis entsprechend schlecht.

Der Begriff „means of restraint” wird dem Sanktionscharakter der deutschen „Ordnungsmittel“ nicht gerecht, sinngemäß richtig wäre hier eine Übersetzung etwa mit „punitive measures“ im Gegensatz zu den der Willensbeugung und Erzwingung einer künftigen Handlung dienenden Zwangsmitteln, den „coercive“ measures.

Noch viel schlechter bestellt ist es um die Übersetzung des zweiten Satzteils. Zum einen fehlt auch hier wieder das „Mitdenken“ der Maschine bei einem nicht optimal formulierten Ausgangstext: Die deutsche Formulierung „… einer nicht vertretbaren Handlung nachzukommen“ meint natürlich eigentlich „eine nicht vertretbare Handlung vorzunehmen“ bzw. „der Verpflichtung zur Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung nachzukommen“. Die Maschine übersetzt dies – insoweit wörtlich der (suboptimalen) deutschen Formulierung folgend – mit „comply with an (…) act“. Korrekt und viel besser wäre hier natürlich eine Übersetzung wie „perform an act“ oder „comply with the obligation to perform an act“.

Der schwerwiegendste Fehler in der maschinellen Übersetzung liegt jedoch in der Übersetzung des Begriffs der „nicht vertretbaren“ Handlung. Die Maschine kann mit diesem Begriff nichts anfangen, sie kennt die dahinterstehende Bedeutung nicht und übersetzt sie somit gänzlich falsch mit „unjustifiable“, was „unvertretbar“ im Sinne von „nicht zu rechtfertigen“ bedeutet. Das ist aber mitnichten gemeint. „Nicht vertretbare“ Handlungen im Sinne von § 888 ZPO sind per definitionem Handlungen, die nur von dem Schuldner selbst vorgenommen werden können, z.B. weil nur der Schuldner über die gewünschten Auskünfte verfügt; diese Handlungen können also nicht ersatzweise von einem Dritten vorgenommen werden; kann eine Handlung wie z.B. die Beseitigung eines Mangels anstatt vom konkreten Schuldner auch von einem Dritten vorgenommen werden, handelte es sich um eine sog. „vertretbare“ Handlung im Sinne von § 887 ZPO.

Richtig müsste die Übersetzung des Begriffs „nicht vertretbare Handlung“ also etwa lauten: „an act that cannot be performed by others“ or „an action that cannot be taken by others“ (wie im Übrigen auch die englische Übersetzung des § 888 ZPO auf der Website des Bundesjustizministeriums lautet).

Wie wir hier sehen, ist eine kompetente Rechtstextübersetzung auch eine Art „nicht vertretbare“ Handlung. Auch sie kann nur von bestimmten hinreichend qualifizierten Personen vorgenommen werden und nicht von beliebigen Dritten… 😉

Beispiel 3:

Obige Übersetzung wurde am 07.09.2021 mittels DeepL Pro generiert.

Sie ist in mehrfacher Hinsicht unzulänglich bzw. fehlerhaft:

  • Satzbau / Textverständnis:
    • Der maschinelle Übersetzungsdienst war in diesem Fall nicht in der Lage, den Satz richtig und vollständig zu erfassen, geschweige denn richtig zu übersetzen. Die Übersetzung ist insgesamt inhaltlich falsch und unverständlich und gibt in keiner Weise den Inhalt der deutschen Formulierung in juristisch akzeptabler Weise wieder.
      Die Schuldnerin wird gemäß dem deutschen Ausgangssatz keineswegs zur Erteilung einer schriftlichen Auskunft verpflichtet (so aber die Übersetzung), vielmehr wird ihr zur Erzwingung der Auskunftserteilung ein Zwangsgeld auferlegt; zudem fehlt in der Übersetzung einer ganzer Satzteil, nämlich die Passage „zur Erzwingung der ihr in dem rechtskräftigen Endurteil des OLG Koblenz vom … auferlegten Handlung“. Dafür wird aber die hier fälschlicherweise angenommene Verurteilung zur Auskunftserteilung ohne ersichtlichen Grund zwei Mal hintereinander ohne verständlichen Übergang wiederholt. Die Auferlegung des Zwangsgeldes wird ohne jeden Bezug zum Satz, grammatikalisch falsch und unverständlich „hintendran gehängt“.
    • Korrekt müsste die Übersetzung z.B. lauten: Auch den Satzteil „Teilnehmer, die bei der Registrierung ihren Wohnsitz in … angegeben haben“ konnte die Maschine nicht richtig erfassen. Die deutsche Formulierung meint natürlich, dass bestimmte Teilnehmer bei der Registrierung angegeben haben, in … (also einem beliebigen Ort X) zu wohnen. Auch hier ist wiederum ein „Mitdenken“ und gedankliches Ergänzen des insoweit suboptimal formulierten Ausgangstextes gefragt.

      Die englische Übersetzung „participants who indicated their place of residence in …” ist unverständlich und stilistisch schlecht. Sie ist nämlich eine quasi wörtliche Übersetzung der deutschen Formulierung, weil die Maschine den eigentlichen Sinn der deutschen Formulierung nicht versteht und folglich auch nicht verständlich wiedergibt. Die Übersetzung müsste so rückübersetzt werden, dass die Teilnehmer, als sie sich an dem besagten Ort („in …“) aufhielten, ihren Wohnsitz angegeben haben, was keinen Sinn ergibt. Zudem fehlt die Übersetzung des Satzteils „bei der Registrierung“.

      „… participants who – when subscribing to the game – declared to be resident in …“

  • Einheitliche Terminologie:

    • Auch in diesem Beispiel zeigt sich erneut die erhebliche Schwäche der maschinellen Übersetzungen, die aus dem „zusammenhanglosen“ Übersetzen einzelner Sätze und Satzteile resultiert. Es wird in der Regel keine einheitliche Terminologie verwendet – hier wird etwa für den deutschen Begriff „Spieleinsatz“ einmal die Übersetzung „amount of the gambling“ verwendet und nur vier Zeilen später für den denselben deutschen Begriff die Übersetzung „gaming stake“. Eine einheitliche Terminologie oder „consistent terminology“ ist jedoch – wie bereits oben erläutert – insbesondere für rechtsverbindliche Texte unerlässlich und stellt eine absolute Basisanforderung dar, die jeder Jurist bereits in den ersten Semestern seiner Hochschulausbildung zu befolgen lernt.